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Jugend und Parlament — ein Erfahrungsbericht

Im Juni diesen Jahres schlüpfte Sarah Weiser, Schülerin der Jahrgangsstufe 12, in die Rolle der Abgeordneten Miriam Schulte im Rahmen des Projekts "Jugend und Paralement"

5. Juni 2010. Berlin. Paul-Löbe-Haus. 16:00 Uhr.

Jugend und Parlament beginnt und ich schlüpfe in die Rolle der fiktiven Abgeordneten Miriam Schulte, Mitglied im Bundestag für die Partei der sozialen Gerechtigkeit (PSG). Mit anderem Namen und einer fiktiven Partei auf der Zutrittsberechtigung konnte ich vier Tage die Reichtagsgebäude (bis auf das Kanzleramt) betreten und verlassen - ohne dafür in einer Schlange stehen zu müssen. Doch das war natürlich nicht Sinn und Zweck dieses Planspiels.

Einmal im Jahr werden Jugendliche zwischen 16-20 Jahren von Bundestagsabgeordneten eingeladen 4 Tage die Entstehung eines Gesetzes nachzuvollziehen. Live, in den echten Räumen wie die Fraktionssitzungssäle oder dem Plenarsaal. Ich mit meiner kleinen Fraktion passte komplett in den Sitzungssaal der Linken, unserem Pendant in der realen Welt. Die CVP (Christliche Volkspartei) oder die APD (Arbeiterpartei Deutschlands) mussten sich dafür in ihre Landesgruppen aufteilen. Insgesamt gab es vier Vorlagen über die man sich zu erst als Fraktion, dann als Ausschuss und zuletzt auch im Bundestag mehr oder weniger einig werden musste. Themen waren ein Alkoholverbot für Jugendliche, die Einführung von Volksabstimmungen, Regelungen für die Rente und die Vollendung der deutschen Einheit. Letzteres war das Thema mit dem ich mich als Mitglied des Ausschusses für Arbeit beschäftigt habe.

Kurz nachdem das mehr als ausreichende Informationsmaterial nur ansatzweise durchgelesen worden war, diskutierten wir in unserem Arbeitskreis (setzte sich zusammen aus dem Ausschuss für öffentliche Verwaltung, für Arbeit und für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) schon lautstark über Tarifverbindlichkeit, Mindestlohn und Umsatzsteuerverteilung und schmissen mit Wörtern wie Öffnungklausel und Niedriglohn um uns.

In den Ausschüssen findet die eigentliche Arbeit statt. Die Ausschussmitglieder aller Fraktionen im Bundestag stellen ihre Standpunkte dar und versuchen Mehrheiten und Kompromisse zu finden. Etwas Generelles habe ich dabei gelernt: Opposition sein macht keinen Spaß, diskutieren aber schon.

Im Plenarsaal bei der Abstimmung konnten wir als Fraktion den Zwiespalt nachvollziehen: kompromissbereit sein oder das Gesicht vor den fiktiven Wählern wahren. Es wurden richtig gute Reden gehalten, lautstarke Kommentare dazu gegeben, Diskussionen inner- und außerhalb der Fraktionen geführt, und am Ende konnte man bei fast keinem mehr genau sagen, ob er jetzt gerade seine reale Meinung oder die seiner fiktiven Planspielrolle vertrat - Ziel erreicht!

Ob ich froh bin daran teilgenommen zu haben? Definitiv! Hätte ich die Chance gehabt, wäre ich direkt da geblieben. Für jeden der etwas an Politik interessiert ist, gerne diskutiert und viele nette Leute kennen lernen will ist „Jugend und Parlament“ eine einmalige Gelegenheit, die er oder sie auf jeden Fall wahrnehmen sollte, falls sie sich bietet. Denn auch wenn Politik in der Schule manchmal trocken wirken kann, ist sie es bei „Jugend und Parlament“ absolut nicht mehr.